, 7 min read

Matrixpolynome

Original post is here eklausmeier.goip.de/blog/2024/01-23-matrixpolynome.


Matrixpolynome (oder gelegentlich auch λ-Matrizen genannt) sind Polynome, bei denen die Koeffizienten Matrizen sind, quadratisch oder rechteckig, dies ist vorerst gleichgültig. Also

L(λ)=Aλ+A1λ1++A1λ+A0,A,A1,,A1,A0Cm×n.

Für den Fall =1 gilt häufig L(λ)=IλA.

1. Vektorräume und lineare Abbildungen

1. Definition: (1) Ein Vektor a1 heißt linear-abhängig von den Vektoren a2,,an genau dann, wenn a1 lineares Komposituum dieser (n1) Vektoren ist, also

a1=λ2a2++λnan,λ2,,λnC.

In Zeichen: a1(a2,,an). Die n Vektoren a1,,an heißen dann ebenfalls linear-abhängig, in Zeichen (a1,,an).

(2) a1 ist von a2,,an linear-unabhängig genau dann, wenn a1 von a2,,an nicht linear-abhängig ist, also a1 nicht als lineares Komposituum der anderen (n1) Vektoren darstellbar ist. In Zeichen a1⊥̸(a2,,an).

(3) Ist a1⊥̸a2,,an linear-unabhängig, a2⊥̸a1,a3,,an, , an⊥̸a1,,an1, so heißt die Vektorfamilie (a1,,an) linear-unabhängig (schlechthin), in Zeichen ⊥̸(a1,,an).

Ist a1 von a2,,an linear-abhängig, so ist a1 in gewisser Hinsicht überflüssig, da a1 ja aus den anderen Vektoren zusammengesetzt werden kann. Liegen a2,,an in einer Ebene, so liegt damit natürlich auch a1 in der gleichen Ebene. Man beachte, daß eine (zweistellige) Relation zwischen einem Vektor und (n1) anderen Vektoren definiert wurde und eine Eigenschaft zwischen n Vektoren, also eine n-stellige Relation.

2. Definition und Eigenschaften von Standard-Tripeln

Gegeben sei das monische Matrixpolynom

L(λ)=i=0Aiλi,A=I,AiCn×n.

Die Vektorfamilie x0,,xk, mit x00, xiCn×1, heißt rechte Jordan-Kette (oder auch rechte Keldysh-Kette), Keldysh, M.V., der Länge (k+1) für das Matrixpolynom L(λ) zum Eigenwert λ0 genau dann, wenn

(L(λ0)0L(λ0)L(λ0)1k!L(k)(λ0)1(k1)!L(k1)(λ0)L(λ0))(x0x1xk)=(000).

Die hierbei links auftretende Matrix P ist natürlich nicht invertierbar, weil L(λ0) nicht invertierbar ist.

Die Vektorfamilie y0,,yk, mit y00, yiC1×n, heißt linke Jordan-Kette der Länge (k+1) für das Matrixpolynom L(λ) zum Eigenwert λ0 genau dann, wenn

(y0,,yn)P=(0,,0),

d.h. also, wenn y0,,yk eine rechte Jordan-Kette ist.

Das Paar von Matrizen von Matrizen (X,T), mit X von der Größe n×n und T der Größe n×n, heißt Standard-Paar genau dann, wenn gilt:

  1. col(XTi)i=01 ist invertierbar,
  2. i=0AiXTi=0.

Ist T eine Jordan-Matrix, so heißt das Paar (X,T) auch Jordan-Paar.

Das Matrizentripel (X,T,Y), mit X der Größe n×n, T der Größe n×n und Y der Größe n×n, heißt Standard-Tripel des Matrixpolynoms L(λ) genau dann, wenn gilt:

  1. (X,T) ist Standard-Paar,
Y=(XXTXT1)1(00I).

Ist T wiederum eine Jordan-Matrix, so heißt (X,T,Y) auch Jordan-Tripel.

Ist (X,T,Y) Jordan-Tripel, dann sind die Spalten von X rechte Jordanketten (Keldysh-Ketten), Keldysh, M.V., von L(λ), falls X derart in Blöcke aufgespalten wird, sodaß diese konsistent mit der Unterteilung der Jordan-Matrix J sind. Hierzu dual sind die Zeilen von Y Links-Jordan-Ketten zu L(λ). Zusammenfassend entnimmt man die nötigen Dimensionen der Matrizen X, T und Y dem Schema

(X,T,Y):X:n×nT:n×nY:n×nX:CnCnT:CnCnY:CnCnX:RRT:RRY:RR

Ist (X,T,Y) Standard-Tripel, so gilt

XTiY={0,für i=0,,2I,für i=1.

1. Äquivalente Charakterisierungen für Standard-Tripel. Es gelten die folgenden Eigenschaften. Das Matrizentripel (X,T,Y) ist genau dann Standard-Tripel, wenn für die Inverse des Matrixpolynomes L(λ) die Darstellung gilt

L1(λ)=X(IλT)1Y,λσ(L).

L1(λ) kann man auffassen als Übertragungsfunktion des linearen Systems

dxdt=Tx+Yx,y=Xx,x(0)=0.

Weiterhin gilt

12πiΓf(λ)L1(λ)dλ=Xf(T)Y,

wobei Γ eine rektifizierbare Kurve ist, sodaß σ(L) innerhalb von Γ liegt, und f ist eine holomorphe Funktion innerhalb von Γ und innerhalb einer Umgebung von Γ.

2. Linearisierungen. Das Matrixpolynom IμA der Größe (n+p)×(n+p) ist eine Linearisierung des Matrixpolynomes L(μ) der Größe × und des Grades n genau dann, wenn

IμA(L(μ)00I).

Zwei Matrixpolynome M1(μ) und M2(μ) sind äquivalent, also M1(μ)M2(μ), genau dann, wenn

M1(μ)=E(μ)M2(μ)F(μ),μC,

mit Matrixpolynomen E(μ) und F(μ), mit nicht verschwindender konstanter Determinante. Offensichtlich muß n+p=n sein. Zwei Linearisierungen sind stets zueinander ähnlich. Jede zu einer Linearisierung ähnliche Matrix, ist ebenfalls eine Linearisierung. Nebenläufig sei darauf hingewiesen, daß bei quadratischen Matrizen, jede Matrix zu ihrer Transponierten ähnlich ist. Weiter gilt nun der

3. Satz: Ist eine Matrix TCm×m gegeben, so ist T genau dann eine Linearisierung eines monisches Matrixpolynoms vom Grade und der Größe n×n, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  1. m=n und
  2. maxλCdimker(IλT)n.

Den Beweis führt man auf den Smith'schen Normalformensatz zurück. Zum Beweise dieser und anderer hier relevanter Tatsachen, sei auf das Buch von Gohberg/Lancaster/Rodman (1982) hingewiesen, wo auch weiterführende Literaturstellen zu diesem Thema angegeben werden. Autoren sind Gohberg, Izrael' TSudikovich, Lancaster, Peter und Rodman, Leiba.

4. Matrixdifferenzengleichungen und Standard-Tripel. Bei linearen Mehrschrittverfahren der Form

α0yn+α1yn+1++αkyn+k=h(β0fn+β1fn+1++βkfn+k),αk0,

tauchen in natürlicher Form skalare Differenzengleichungen auf. Bei zyklischen, linearen Verfahren, wie z.B. der Form

2y3m2+9y3m118y3m+11y3m+1=6hy˙3m+1,2y3m1+9y3m18y3m+1+11y3m+2=6hy˙3m+2,9y3m+112y3m+2+3y3m+3=h(4y˙3m+14y˙3m+2+2y˙3m+3).

tauchen Matrixdifferenzengleichungen der Form

u+r+A1u1+r++A1u1+r+A0ur=fr,r=0,1,

in ebenso natürlicher Weise auf. Gelegentlich ist es von Vorteil, eine Darstellung für die Lösung der Differenzengleichung zu haben, welche deutlich macht, wie sämtlich bisher berechneten Werte für nachfolgende Werte eingehen.

5. Satz: Es gilt für die Lösung der Matrixdifferenzengleichung

Iu+r+i=01Aiui+r=fr,r=0,1,,

die Darstellung der Lösung zu

um+1=XTm+1c+Xi=0mTmiYfi,m=0,1,,

wobei (X,T,Y) Standard-Tripel ist zum Matrixpolynom

L(λ)=Iλ+i=01Aiλi.

Der Vektor cCn ist durch Vorgabe der Startwerte

ur=ar,r=0,,1

eindeutig bestimmt und gegeben durch

c=(Y,TY,,T1Y)(A1A2IA20II00)(a0a1a1)=(coli=01XTi)1colν=01aν.

Setzt man R=rowi=01TiY, Q=coli=01XTi, so ist RBQ=I und c=RBa=Q1a.